Wer nicht bemerkt, dass er einen Verkehrsunfall verursacht hat und sich daher ohne weiteres vom Unfallort entfernt, muss nicht nachträglich die Feststellung seiner Personalien ermöglichen. Der Straftatbestand des § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB erfasst nicht die Fälle des vorsatzlosen Entfernens vom Unfallort. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht mit einem am 30.03.2007 bekanntgemachten Beschluss und beanstandete damit eine langjährige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19.03.2007; Az.: 2 BvR 2273/06).

Rechtlicher Hintergrund

§ 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB verpflichtet denjenigen, der sich berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt, nachträglich gegenüber anderen Unfallbeteiligten oder an deren Stelle der Polizei seine Personalien anzugeben. Erfasst sind etwa Fälle, in denen der Unfallverursacher den Geschädigten ins Krankenhaus bringt.
Das vorsatzlose Entfernen vom Unfallort ist nach der Entscheidung des BVerfG dem berechtigten oder entschuldigten Entfernen nicht gleichzustellen. Eine anders lautende Auslegung, die auch der BGH vertritt, verstößt nach dem Beschluss der Verfassungshüter gegen das strafrechtliche Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Wer sich berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entferne, handle unter völlig anderen Voraussetzungen als derjenige, der dies mangels Kenntnis des Unfallgeschehens tue.

Im entschiedenen Fall hatte der Beschwerdeführer an einer Baustelle verbotswidrig überholt und deshalb durch den von ihm aufgewirbelten Rollsplitt an dem überholten Wagen einen Schaden von knapp 1.900 Euro verursacht. Als ihn der Geschädigte kurz darauf auf den Unfall aufmerksam machte, bestritt er den überholvorgang und entfernte sich, ohne seine Personalien anzugeben.

Da ihm nicht nachgewiesen werden konnte, dass er denn Vorfall mit dem Rollsplitt bemerkt hatte, verurteilte ihn das Amtsgericht Herford nach § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde war erfolgreich.